Kranken­haus­planung auf dem Prüfstand

Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Planung von Kranken­häusern

Seit knapp zwei Jahren kämpft die Welt mit der Corona-Pandemie und mittlerweile befassen sich Politik, Forschung, Wirtschaft und die Gesellschaft mit der Frage, wie sich diese Pandemie auf unser zukünftiges Leben auswirken wird. Stark im Fokus stehen dabei auch die Krankenhäuser und ihre baulichen Strukturen: Wie wird die Corona-Pandemie die Kranken­haus­planung verändern? Und wie müssen Krankenhäuser aussehen, damit sie auch in Zukunft widerstandsfähig gegenüber neuen Heraus­forderungen sind? Veränderte Anforderungen und ihre Auswirkungen auf bauliche Implikationen zeichnen sich bereits jetzt ab.

Auf die Kranken­haus­planung lässt sich übertragen, was die Gesellschaft in den vergangenen Monaten der Corona-Pandemie geprägt hat: Isolation und gesteigerte Hygiene helfen bei der Bekämpfung der Verbreitung einer hoch infektiösen Krankheit. Dies ist im Setting des Kranken­hauses umso herausfordernder, da ein Klinikbetrieb ohnehin charakterisiert ist durch eine Vielzahl von Personen, die rund um die Uhr ein- und ausgehen: Patienten, Besucher, Mitarbeiter, Dienstleister. Um die Weitergabe von Viren oder Bakterien zu unterbinden, sollten in der Planung und im Betrieb von Kranken­häusern die folgenden baulichen Maßnahmen realisiert werden:

„Unsere deutschen Krankenhäuser waren auf die Pandemie nicht vorbereitet – das müssen wir in Zukunft ändern.“

Prof. Linus Hofrichter
Geschäftsführer a|sh architekten

Trennung der Wegeführung

Die Trennung von infektiösen und nicht-infektiösen Patienten ist die oberste Prämisse, um die weitere Übertragung von Viren oder Bakterien zu unterbinden. Im Hinblick auf potentiell infektiöse Patienten oder Besucher ist es wichtig, auf getrennte Wegeführungen zu achten. So müssen Patienten, die infektiös sind, nicht-infektiös sind oder bei denen dies noch ungeklärt ist, konsequent voneinander separiert werden und verschiedene Wege benutzen.

Räume und Raumprogramme

Eines zeigt sich beim Betrachten der veränderten Anforderungen an Räume und Raumprogramme schon jetzt in aktuellen Ausschreibungen: In den Kranken­häusern wird mehr Platz benötigt - Platz für zusätzliche Schleusen, mehr freie Flächen mit Möglichkeit zur Umnutzung und mehr Raum für Absonderungs­bereiche. Flexibel nutzbarer Raum wird nicht nur in der Fläche benötigt, sondern auch in der Höhe. So kann durch höhere Deckenhöhen in den Pflegebereichen eine Umnutzung der Räume möglich werden, da auf diese Art auch Pflegezimmer genügend Raum bieten für die Installation von Technik, die für eine intensivmedizinische Betreuung notwendig ist. Besonders Schleusen gewinnen in Zeiten einer Pandemie an Wichtigkeit, diese wären sowohl vor Untersuchungsräumen der Notaufnahme, vor Patientenzimmern als auch zur Kohortenisolation vor ganzen Flur­abteilen sinnvoll. Auch freie Flächen, die man im Fall einer hohen Infektionslage und einer dadurch steigenden Auslastung der Klinik­kapazitäten umnutzen kann, sind von Bedeutung für die Planung von Kranken­häusern, die einen besseren Umgang mit Pandemie­situationen ermöglichen. Eine weitere Steigerung des Raumbedarfs ergibt sich auch aus den Forderungen nach größeren Abständen, beispiels­weise zwischen den Betten in den Standardzimmern. Der gesteigerte Raumbedarf wird zwar Kosten verursachen, ermöglicht jedoch viele Varianten der Isolation und Absonderung, die in einer Pandemiesituation essentiell werden können.

Abtrennbare Bereiche und Teilbarkeit

Die Möglichkeit zur Absonderung kann für ganze Gebäudeteile und in verschiedenen Bereichen umgesetzt werden: Es kann ein ganzer Stationsbereich zur Kohortenisolation genutzt werden, wenn man voneinander abtrennbare Stationsbereiche schafft, die im Zugangs­bereich Raum für eine Personalumkleide bieten. So können diese Stationsbereiche völlig unabhängig voneinander agieren. Bildet man hierbei kleinere Einheiten wie bisher, sind im Falle einer Infektion weniger Patienten und Mitarbeiter betroffen. Auch in der Notaufnahme kann man Optionen zur Abschottung schaffen, indem man beispiels­weise eine an die Notaufnahme angebundene Isolierstation einplant, in der neu aufgenommene Patienten versorgt werden können. Ebenso kann auch eine in Einheiten mit wenigen Betten einteilbare Intensiv­station die Trennung von Patienten voneinander und dadurch die Vermeidung von hohen Ansteckungszahlen ermöglichen.

(Einzel-)Zimmer

Isolierbarkeit lässt sich auch durch die stärkere Konzentration auf Einzelzimmer schaffen. So sollten insbesondere auf Intensiv­stationen nur noch Einzelzimmer geplant werden. Auch auf den Normal­stationen wäre ein erhöhter Anteil an Einzelzimmern hilfreich, wenngleich hier alternativ auch Zweibettzimmer mit größerem Bettenabstand und hygienefreundlichem Mobiliar denkbar wären.

Technik

In vielen Bereichen hat die Corona-Pandemie den digitalen Wandel begünstigt und beschleunigt. Dies gilt auch für die Versorgung von Patienten, das muss sich daher auch in der Planung von Kranken­häusern widerspiegeln. Krankenhäuser benötigen die Ausstattung für Videosprechstunden, um die Entwicklung zur Telemedizin zu unterstützen. Dies führt zu einer drastischen Reduktion von Kontakten in Kliniken. Zusätzlich ließen sich Kontakte auch durch die Nutzung von fahrerlosen Transportsystemen und Visitenrobotern reduzieren. Dafür müssen Krankenhausplaner genügend Platz in Zimmern und Wegflächen einkalkulieren.

„Es gibt die Entwicklung, dass es verstärkt in Richtung Einbettzimmer gehen sollte und man ganze Bereiche komplett isolieren kann.“

Cornelia Heinrich
Leitende Architektin a|sh architekten 

Was bedeutet dies? Rüstet uns das für die Zukunft?

Wie in so vielen Gesellschafts­bereichen suggeriert die Corona-Pandemie viele Veränderungen auch in der Planung von Kranken­häusern. Es wird deutlich, der Raumbedarf in Kliniken steigt, wenn wir in Zukunft einen optimierten Umgang mit Pandemie­situationen ermöglichen möchten. Möglicherweise zeigt sich dies in zusätzlichen Isolierstationen in den Häusern. Dies kostet selbstverständlich Geld. Diesen finanziellen Aufwand sollten auftraggebende Personen und Planende jedoch in Kauf nehmen – waren all diese Überlegungen vor der Pandemie schon wichtig und wurden bedacht, so hat uns die Corona-Pandemie die Relevanz nochmals verdeutlicht. Es gilt, sich auch mit einer angepassten Kranken­haus­planung für mögliche Pandemien oder multiresistente Keime der Zukunft zu rüsten.